Erster Brief
vom 16. April 1997
(fast wortgleich dem 1. Brief an die Redaktion von FOCUS)
Sehr geehrte STERN REDAKTION,
Sie kennen sicherlich die "Ich rauche gern" Werbung des Zigarettenherstellers
Reemtsma. Bei einer so direkten und unverblümten Aufforderung zum
Rauchen ließ mein Gewissen mir keine Ruhe bis ich zur Tat geschritten
bin und mit einer Spraydose versucht habe, dieser Werbung ihre schädliche
Wirkung zu nehmen. Ich machte daraus:
"Ich, Idiot, rauche gern"
Nun bin ich von der Polizei dabei ertappt worden. Die Beamten waren
sehr freundlich und zeigten auch Verständnis für meine Aktion.
Nichtsdestotrotz habe ich eine Vorladung bekommen und mußte mein
Handeln, welches mir den Vorwurf der Sachbeschädigung durch Farbschmiererei
eingebracht hat, begründen. Meine Begründung liegt jetzt bei
der Staatsanwaltschaft. Eine genaue Kopie davon einschließlich Bilder
und Anhang ist diesem Schreiben beigelegt. Ich möchte Sie bitten,
sie zu lesen.
Ich habe die Hoffnung - vielleicht etwas gewagt angesichts der Tatsache,
daß auch STERN an Zigarettenwerbung Geld verdient - daß Sie
mich in meinem Kampf gegen die Zigarettenwerbung unterstützen könnten.
Angesichts der Vorgänge in den USA ist die Zeit reif, glaube ich,
auch bei uns endlich die Förderung - durch welche Mittel auch immer
- dieser so gesundheitsschädlichen (für viele ja tödlichen)
Sucht zu verbieten. Wenn ich die Statistiken über die Gesundheitsschäden
und die Todesfälle (vom Bundesministerium für Gesundheit für
die BRD auf mindestens 90.000/a geschätzt), die durch das Rauchen
verursacht werden, lese, scheint es mir ungeheuerlich, daß für
Zigaretten immer noch Werbung gemacht werden darf. Man kann das Rauchen
nicht generell verbieten, aber angesichts unseres heutigen Wissens, sie
noch zu fördern, ist - man muß es deutlich sagen - ein Verbrechen!
Die World Health Organization (WHO) schätzt die Zahl der Todesfälle
weltweit derzeit auf ca. 3 Millionen Menschen - JÄHRLICH! Das entspricht
einem Holocaust alle 2 Jahre! Wenn es nach der Tabakindustrie so weiter
geht, wird es in Zukunft durch steigendem Konsum in den Entwicklungsländern
ein mehrfaches davon werden. Direkt können wir den Tabakkonsum in
diesen Ländern nicht verhindern, aber indirekt, indem wir selber konsequent
handeln, können wir ein sehr wichtiges Zeichen setzen. Die Zigarettenwerbung
trägt wesentlich dazu bei, daß jeden Tag tausende junger Menschen
anfangen zu rauchen oder weiter rauchen. Die Zeit drängt deswegen.
Die Tabakindustrie und die Deutsche Städte-Reklame GmbH handeln
so wie sie es tun, weil sie ihre geschäftlichen Interessen über
alles stellen - auch über die Gesundheit und das Leben von Menschen.
Ich hoffe, daß STERN das nicht nötig hat und es wohl auch aus
Prinzip nicht machen würde.
Mit freundlichen Grüßen
Roger A. Hicks
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Zweiter Brief
vom 29. Mai 1997
Sehr geehrte STERN Redaktion,
vor ca. 6 Wochen (16. April) habe ich Ihnen geschrieben und anbei einige
Unterlagen geschickt (eine Begründung für die Staatsanwaltschaft
wegen einer Aktion, die ich gegen Plakate der "Ich rauche gern" Werbung
in Braunschweig unternommen hatte).
Das Amtsgericht Braunschweig hat mich zu 60 Tagessätzen verurteilt,
wogegen ich Einspruch eingelegt habe (eine Kopie liegt diesem Schreiben
bei). Am Montag dem 9. Juni kommt zur Hauptverhandlung beim Amtsgericht
Braunschweig, an der Martinikirche 8, um 8.30 Uhr.
Ich lade Sie herzlich dazu ein. Wenn Sie meine Unterlagen nicht mehr
brauchen, bitte ich Sie, sie mir zurückzuschicken. Danke.
Mit freundlichen Grüßen,
Roger A. Hicks
Antwort vom 19. Juni 1997
Sehr geehrter Herr Hicks,
entschuldigen Sie bitte, daß wir Ihnen erst heute antworten. Ihr
Schreiben vom 29. Mai 1997 ist durch unterschiedliche Abteilungen gelaufen
und nun auf meinem Schreibtisch gelandet. Leider sind aber Ihre Unterlagen
vom 16. April 1997 nicht auffindbar.
In der Zwischenzeit ist ja auch Ihr Einspruch vorm Amtsgericht behandelt
worden und ich hoffe sehr, daß Sie die 60 Tagessätze nicht berappen
müssen. Rechtssachen laufen normalerweise beim STERN im Ressort "Deutschland
aktuell" (Tel. 040/37033570).
Ihre Unterlagen vom 29. Mai schicke ich mit Dank zurück. Vielleicht
ist Ihre "Geschichte" ja auch etwas für Ihre Regionalpresse.
Viel Glück
und freundliche Grüße
Ria Bergauer
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