BUNDESMINISTERIUM FÜR GESUNDHEIT
Pressemitteilung Nr. 41 herausgegeben vom BMG-Pressereferat am 29. April l993
Zigarettenwerbung um Schulen wird abgebaut
 
In intensiven Gesprächen hat das Bundesgesundheitsministerium erreicht, daß die Mitglieder des Verbandes der Cigarettenindustrie ihre Selbstbeschränkungsvereinbarung zur Werbung ausbauen. Der Verband hat nach einem Treffen mit Staatssekretär Baldur Wagner weitere Beschränkungen der Zigarettenwerbung zugesagt, die im Laufe dieses Jahres umgesetzt werden.

1. An Straßen und Haltestellen um Schulen und Jugendzentren sowie in dem vom Haupteingang von     Schulen und Jugendzentren aus einsehbaren Bereich bis zu einhundert Meter Entfernung wird es     künftig keine Plakatwerbung für Zigaretten mehr geben.

2. Die Industrie verzichtet darauf, öffentlich Gratispackungen zu verteilen (sog. Sampling). ,

3. Im Kino wird in Zukunft nach jedem Werbefilm für Zigaretten ein Warnhinweis gezeigt.

4. Die Fläche für den Warnhinweis ("Die EG-Gesundheitsminister: Rauchen gefährdet die     Gesundheit") und die Angabe von Nikotin und Kondensatwerten wird auf 10 Prozent der Plakat-     oder Anzeigenfläche erweitert und damit mehr als verdreifacht.

5. Die Zigarettenindustrie verzichtet auf gemeinschaftliche Werbung für das Rauchen.

Im vergangenen Sommer hatte die Bundesregierung einen Bericht über Möglichkeiten der weiteren Einschränkung der Werbung für Tabakerzeugnisse vorgelegt. Die Tabakwirtschaft wurde aufgefordert, Mißstände in der Werbung abzustellen und dem Gedanken des Jungendschutzes stärker Rechnung zu tragen. Die jetzt vereinbarten Maßnahmen entsprechen den hauptsächlichen Forderungen in diesem Bericht.

Bundesminister Horst Seehofer wertet das Angebot der Industrie als einen weiteren Schritt zu einem verbesserten Schutz der Jugend. Eine Kombination gesetzlicher Rahmenvorschriften mit effektiver Selbstkontrolle der Wirtschaft sei einem totalen Werbeverbot für Tabakerzeugnisse vorzuziehen. Die dahingehende Forderung der Kommission der Europäischen Gemeinschaft werde von der Bundesregierung nach wie vor abgelehnt, weil sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen nicht entspreche. Erkenntnisse der Sozialforschung und Vergleiche mit dem Ausland lassen den Schluß zu, daß ein Totalverbot der Werbung für Tabakerzeugnisse im Hinblick auf das Rauchverhalten Jugendlicher dem in Deutschland beschrittenen Weg nicht überlegen sei. Wichtiger seien das Vorbild der Erwachsenen und eine jugendgemäße intensive Aufklärung Über die Vorzüge eines gesunden Lebensstils ohne Rauchen. Der Anteil der Nichtraucher unter den jungen Menschen sei in den vergangenen Jahren ständig gestiegen; dennoch bleibt gegenüber dem in etwa gleich gebliebenen harten Kern regelmäßiger jugendlicher Raucher noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Die erfreuliche Zunahme an Nichtrauchern ermutige die Bundesregierung, auf ihrem eingeschlagenen Weg weiter zu gehen.

Die Tabakwerbung ist im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz geregelt und wird flankiert durch umfangreiche Selbstbeschränkungsabkommen der Zigarettenwirtschaft. Die wesentlichen Inhalte sind in der Anlage zusammengestellt.

ANLAGE
Einschränkung der Zigarettenwerbung in der Bundesrepublik Deutschland

Die Werbung für Zigaretten ist in Deutschland gesetzlich und durch Selbstbeschränkungs- vereinbarungen der Wirtschaft geregelt. Die gesetzlichen Beschränkungen stehen vor allem in § 22 des Lebensmittel und Bedarfsgegenständegesetzes ILMBG) vom 15.08.1974 (BGBI. I, Seite 1946). Die Selbstbeschränkung der Wirtschaft findet sich in umfangreichen Vereinbarungen der Zigarettenhersteller, die seit 1966 beschlossen und weiterentwickelt worden sind.

Verstöße gegen die gesetzlichen Regelungen sind mit Geldbußen bis zu 50.000,-- DM bedroht und werden von den Lebensmittelüberwachungsbehörden kontrolliert. über die Einhaltung der Selbstbeschränkungsvereinbarungen der Wirtschaft wacht ein Schiedsgericht aus Berufsrichtern, das Geldbußenen bis zu 300.000,-- DM verhängen kann. Für die Einhaltung der allgemeinen Werberegeln ist außerdem der beim Zentralverband der Werbewirtschaft eingerichtete Deutsche Werberat zuständig.

1.  Die gesetzlichen Vorschriften enthalten vor allem

    - Verbot der Radio- und Fernsehwerbung;

    - Verbot jeglicher Werbung, die das Rauchen als unschädlich, gesund oder als ein Mittel zur        Anregung des körperlichen Wohlbefindens oder der Leistungsfähigkeit darstellt;

    - Verbot jeglicher Werbung, die das Inhalieren als nachahmenswert darstellt;

    - Verbot von Werbung, die ihrer Art nach besonders geeignet ist, Jugendliche oder        Heranwachsende zum Rauchen zu veranlassen.
 

2. Die Selbstbeschränkungsvereinbarungen der Zigarettenindustrie sind quantitativer und 
    qualitativer Art.

Bei den quantitativen Beschränkungen geht es vor allem um:

- Begrenzung der Größe und der Dichte von Ganzstellen in der Plakatwerbung;

- Beschränkungen in der Anzeigengröße und -häufigkeit in Magazinen und Zeitschriften;

Die qualitativen Beschränkungen beziehen sich auf:

- keine gesundheitsbezogene Werbung; 
- keine Werbung, die sich an Jugendliche richtet; 
- keine Werbung mit Elementen, die typisch für die Welt der Jugendlichen sind; 
- keine Werbung mit Prominenten oder Leistungssportlern; 
- keine Werbung in Verbindung mit Leistungssport; 
- keine Werbung mit Modellen unter 30 Jahren; Einschränkung der Werbebegriffe "leicht und mild"; - Verzicht auf bestimmte Werbemedien; 
- keine Werbung in Jugendzeitschriften; keine Werbung in Sportstätten; 
- keine Werbung auf öffentlichen Verkehrsmitteln; 
- keine Werbung mittels Luftfahrzeugen; 
- keine Leuchtmittelwerbung.

Hinzu kommen Verbraucherinformationen in der Werbung:

- Gesundheitsbezogene Warnhinweise; 
- Bekanntgabe des Kondensat- und Nikotingehaltes von Zigaretten.