In intensiven Gesprächen hat das Bundesgesundheitsministerium
erreicht, daß die Mitglieder des Verbandes der Cigarettenindustrie
ihre Selbstbeschränkungsvereinbarung zur Werbung ausbauen. Der Verband
hat nach einem Treffen mit Staatssekretär Baldur Wagner weitere Beschränkungen
der Zigarettenwerbung zugesagt, die im Laufe dieses Jahres umgesetzt werden.
1. An Straßen und Haltestellen um Schulen und Jugendzentren sowie
in dem vom Haupteingang von Schulen und Jugendzentren
aus einsehbaren Bereich bis zu einhundert Meter Entfernung wird es
künftig keine Plakatwerbung für Zigaretten mehr geben.
2. Die Industrie verzichtet darauf, öffentlich Gratispackungen
zu verteilen (sog. Sampling). ,
3. Im Kino wird in Zukunft nach jedem Werbefilm für Zigaretten
ein Warnhinweis gezeigt.
4. Die Fläche für den Warnhinweis ("Die EG-Gesundheitsminister:
Rauchen gefährdet die Gesundheit") und die
Angabe von Nikotin und Kondensatwerten wird auf 10 Prozent der Plakat-
oder Anzeigenfläche erweitert und damit mehr als verdreifacht.
5. Die Zigarettenindustrie verzichtet auf gemeinschaftliche Werbung
für das Rauchen.
Im vergangenen Sommer hatte die Bundesregierung einen Bericht über
Möglichkeiten der weiteren Einschränkung der Werbung für
Tabakerzeugnisse vorgelegt. Die Tabakwirtschaft wurde aufgefordert, Mißstände
in der Werbung abzustellen und dem Gedanken des Jungendschutzes stärker
Rechnung zu tragen. Die jetzt vereinbarten Maßnahmen entsprechen
den hauptsächlichen Forderungen in diesem Bericht.
Bundesminister
Horst Seehofer wertet das Angebot der Industrie als einen weiteren Schritt
zu einem verbesserten Schutz der Jugend. Eine Kombination gesetzlicher
Rahmenvorschriften mit effektiver Selbstkontrolle der Wirtschaft sei einem
totalen Werbeverbot für Tabakerzeugnisse vorzuziehen. Die dahingehende
Forderung der Kommission der Europäischen Gemeinschaft werde von der
Bundesregierung nach wie vor abgelehnt, weil sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
staatlicher Maßnahmen nicht entspreche. Erkenntnisse der Sozialforschung
und Vergleiche mit dem Ausland lassen den Schluß zu, daß ein
Totalverbot der Werbung für Tabakerzeugnisse im Hinblick auf das Rauchverhalten
Jugendlicher dem in Deutschland beschrittenen Weg nicht überlegen
sei. Wichtiger seien das Vorbild der Erwachsenen und eine jugendgemäße
intensive Aufklärung Über die Vorzüge eines gesunden Lebensstils
ohne Rauchen. Der Anteil der Nichtraucher unter den jungen Menschen sei
in den vergangenen Jahren ständig gestiegen; dennoch bleibt gegenüber
dem in etwa gleich gebliebenen harten Kern regelmäßiger jugendlicher
Raucher noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Die erfreuliche Zunahme
an Nichtrauchern ermutige die Bundesregierung, auf ihrem eingeschlagenen
Weg weiter zu gehen.
Die Tabakwerbung ist im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz
geregelt und wird flankiert durch umfangreiche Selbstbeschränkungsabkommen
der Zigarettenwirtschaft. Die wesentlichen Inhalte sind in der Anlage zusammengestellt.
ANLAGE
Einschränkung der Zigarettenwerbung in der Bundesrepublik
Deutschland
Die Werbung für Zigaretten ist in Deutschland gesetzlich und durch
Selbstbeschränkungs- vereinbarungen der Wirtschaft geregelt. Die gesetzlichen
Beschränkungen stehen vor allem in § 22 des Lebensmittel und
Bedarfsgegenständegesetzes ILMBG) vom 15.08.1974 (BGBI. I, Seite 1946).
Die Selbstbeschränkung der Wirtschaft findet sich in umfangreichen
Vereinbarungen der Zigarettenhersteller, die seit 1966 beschlossen und
weiterentwickelt worden sind.
Verstöße gegen die gesetzlichen Regelungen sind mit Geldbußen
bis zu 50.000,-- DM bedroht und werden von den Lebensmittelüberwachungsbehörden
kontrolliert. über die Einhaltung der Selbstbeschränkungsvereinbarungen
der Wirtschaft wacht ein Schiedsgericht aus Berufsrichtern, das Geldbußenen
bis zu 300.000,-- DM verhängen kann. Für die Einhaltung der allgemeinen
Werberegeln ist außerdem der beim Zentralverband der Werbewirtschaft
eingerichtete Deutsche Werberat zuständig.
1. Die gesetzlichen Vorschriften enthalten vor allem
- Verbot der Radio- und Fernsehwerbung;
- Verbot jeglicher Werbung, die das Rauchen als unschädlich,
gesund oder als ein Mittel zur
Anregung des körperlichen Wohlbefindens oder der Leistungsfähigkeit
darstellt;
- Verbot jeglicher Werbung, die das Inhalieren als
nachahmenswert darstellt;
- Verbot von Werbung, die ihrer Art nach besonders
geeignet ist, Jugendliche oder
Heranwachsende zum Rauchen zu veranlassen.
2. Die Selbstbeschränkungsvereinbarungen der Zigarettenindustrie
sind quantitativer und
qualitativer Art.
Bei den quantitativen Beschränkungen geht es vor allem um:
- Begrenzung der Größe und der Dichte von Ganzstellen in
der Plakatwerbung;
- Beschränkungen in der Anzeigengröße und -häufigkeit
in Magazinen und Zeitschriften;
Die qualitativen Beschränkungen beziehen sich auf:
- keine gesundheitsbezogene Werbung;
- keine Werbung, die sich an Jugendliche richtet;
- keine Werbung mit Elementen, die typisch für die Welt der Jugendlichen
sind;
- keine Werbung mit Prominenten oder Leistungssportlern;
- keine Werbung in Verbindung mit Leistungssport;
- keine Werbung mit Modellen unter 30 Jahren; Einschränkung der
Werbebegriffe "leicht und mild"; - Verzicht auf bestimmte Werbemedien;
- keine Werbung in Jugendzeitschriften; keine Werbung in Sportstätten;
- keine Werbung auf öffentlichen Verkehrsmitteln;
- keine Werbung mittels Luftfahrzeugen;
- keine Leuchtmittelwerbung.
Hinzu kommen Verbraucherinformationen in der Werbung:
- Gesundheitsbezogene Warnhinweise;
- Bekanntgabe des Kondensat- und Nikotingehaltes von Zigaretten.
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