An die Redaktion (Braunschweiger Lokalteil)                                                   Braunschweig, 16 Juni 1997
der Braunschweiger Zeitung 
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38130 Braunschweig

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihrem Bericht '"Idiot" prangte auf Zigarettenwerbung' von Mittwoch dem 11. Juni möchte ich - der 48-jährige, schlanke, vollbärtige, in Sandalen und weißen Socken bekleidete Brite -, der sich wegen "Sachbeschädigung" an Ich rauche gern Werbeplakaten des Zigarettenherstellers Reemtsma vor dem Amtsgericht Braunschweig verantworten mußte - Stellung nehmen. Bitte erlauben Sie mir, Ihren Lesern meine Motivation und meine Absichten zu erklären. 

Laut einer Broschüre des Bundesministeriums für Gesundheit sterben jedes Jahr in der BRD mindestens 90.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Das sind fast 250 jeden Tag! 

Angesichts dieser Zahlen ist es mir vollkommen unbegreiflich, daß überhaupt noch für Zigaretten Werbung gemacht werden darf. Man stelle sich vor, es würde jeden Tag (oder nur jede Woche) ein Lufthansa Flug mit 250 (oder auch nur 50) Menschen an Bord abstürzen! 

Ich weiß: Der Vergleich hört sich absurd an. Ist er aber nicht. Es ist nur, daß die tödlichen Folgen des Rauchens erst nach vielen Jahren zum Vorschein kommen und auch dann nur statistisch erfaßbar sind. Wirklich absurd ist daß für etwas, das nachweislich jedes Jahr tausenden von Menschen das Leben kostet, immer noch Werbung gemacht werden darf. Es ist so absurd, daß wir es im Grunde gar nicht glauben. Auf allen Zigarettenpackungen stehen inzwischen diverse Warnungen, darunter: "Rauchen verursacht Krebs". Wer das liest und trotzdem raucht, glaubt es entweder nicht und/oder ist süchtig. Die Tabakindustie gibt schätzungsweise 500 bis 700 Millionen DM jährlich für Zigarettenwerbung und Promotion aus - damit wir es nicht glauben!

Ich habe versucht die jungen Menschen dieser Stadt (auch die Minderjährigen, denn Plakate sieht jeder! wie die Deutsche Städte-Reklame GmbH selber behauptet) vor dieser Zigarettenwerbung, die eine direkte Ermunterung, ja sogar eine Aufforderung zum Rauchen oder Weiterrauchen darstellt, zu schützen. Aber vom Gericht mußte ich mich belehren lassen, daß es in Deutschland NICHT gegen das Gesetz ist, junge Menschen oder gar Kinder zum Rauchen zu ermuntern oder aufzufordern. Ich wurde vor die Wahl gestellt, entweder mit meiner Aktion aufzuhören oder letzten Endes - denn eine Geldstrafe würde ich auch aus Prinzip nicht bezahlen wollen - ins Gefängnis zu gehen 

Der Richter meinte, wie Sie berichten, ich sei nicht der "Moralapostel" der Nation. Das möchte ich auch nicht behaupten, aber wenn in diesem Lande ganz legal an jeder Straßenecke junge Menschen direkt und unverblümt zum Rauchen motiviert werden dürfen, welches nachweislich zu Gesundheits schäden und für viele in späteren Jahren zum Tode führen wird, tut es Not, daß jemand auf diesen Mißstand, der schon viel zu lange besteht, auf eindring lichste Weise aufmerksam macht. Daß ich wegen Sachbeschädigung angeklagt worden bin, stellt die Situation auf den Kopf. Es sind die Tabakindustrie, die für sie arbeitenden Werbeagenturen und die Deutsche Städte-Reklame GmbH, die auf die Anklagebank gehören, die skrupellos ihre geschäftlichen Interessen über die Gesundheit und das Leben unserer Kinder stellen! 

Wer sich für eine ausführlichere Begründung meiner Aktion gegen diese Zigarettenwerbung interessiert, kann sich beim Umweltzentrum in der Ferdinandstr. 7 danach erkundigen (Di - Do 10 - 17 Uhr, Tel. 12 59 92).

Mit freundlichen Grüßen und der ganz herzlichen Bitte, diesen Brief ungekürzt zu veröffentlichen. Danke! 

Roger A. Hicks